Oliver
Boberg Schatten / Shadows Pressetext - Schatten / Press Release - Shadows Oliver Bobergs Schatten Seit Mitte der 1990er-Jahre beschäftigt sich Oliver Boberg intensiv mit der Realität des fotografischen Bildes. Vor und hinter der Kamera. Denn die Wirklichkeit, die in seinen Fotografien sichtbar wird, erschafft und komponiert er selbst. Das Ergebnis ist in jedem Fall eine perfekt modellierte und fotografierte Illusion. Der Künstler vertraut sie dem Betrachter an – und belässt ihn in dem nach wie vor unerschütterlichen Glauben, das fotografische Bild liefere per se ein Abbild der Wirklichkeit. Im Laufe der Jahre hat Oliver Boberg konsequent an der Konstellation Bild und Modell festgehalten. Nach den nüchtern-sachlichen „Orten“ der 1990er-Jahre entstand 2000 die poetische Serie der „Himmel“-Bilder; auf die bedrückenden „Slums“ (2009/10) folgten die Leuchtkästen der unwirklichen „Schächte“ (2014/15). Dabei geht es dem Künstler nicht darum, wie weit er mit technischen Mitteln die Illusion in seinen Bildern treiben kann, sondern was sie beim Betrachter auslösen. Und diese Wirkung geht weit darüber hinaus, das fotografische Bild einfach nur als Trugbild der Wirklichkeit zu entlarven. Denn tatsächlich sind bei Oliver Boberg viele unterschiedliche Wirklichkeiten am Werk. In seiner jüngsten Serie der „Schatten“, an der Oliver Boberg seit 2015 arbeitet, wird das besonders deutlich. Für die Orte, die man in seinen Bildern erkennt, gibt es keine realen Vorbilder. Sie folgen eher einer Vorstellung, die man etwa mit einer Seitengasse, einem Hinterhof oder einem Privatweg assoziiert. Mal ist es ein angedeuteter Baum, der den Schatten wirft, mal das Dach eines benachbarten Gebäudes. Im Falle der Arbeit Schatten 8 fällt das reflektierte Sonnenlicht gegenüberliegender Fenster in die Seitengasse. Das Schattenspiel wird im Laufe der Serie – von der Hinterhofwand (Schatten 1) bis zum Privatweg (Schatten 10) – immer nuancierter und komplexer. Verglichen mit den vorangegangenen Serien verstärkt sich in Oliver Bobergs jüngsten Bildern der Eindruck einer zutiefst malerischen Qualität. Und die Schatten tragen maßgeblich dazu bei. Fast scheint es, als wäre jeder Schatten für den jeweiligen Ort geschaffen. Das ist er auch. Im Kopf des Künstlers entstehen die Bildideen, im Atelier die Modelle. Fotografiert werden sie aber im Freien. „Alles in diesen Bildern ist künstlich, nur die Sonne ist echt“, sagt Oliver Boberg. Sie liegt ebenso wie der jeweilige Schattenspender außerhalb des Bildraums. Dadurch gewinnt Bobergs Arbeit eine neue Qualität – vor und hinter der Kamera, aber mehr noch im Bild. Denn der Schatten lässt sich nicht dingfest machen. Er ist immateriell und wird sozusagen ins Bild projiziert. Gleichzeitig führt er die Projektion des Betrachters über den Bildraum hinaus. Während also Oliver Boberg in der vorangegangenen Serie der „Schächte“ seine Orte aus der Dunkelheit herauszuschälen schien, um sie der Vorstellung der Betrachter zu überantworten, weisen seine „Schatten“ insgeheim zur Sonne. Ein schönes Bild – und weit mehr als nur Illusion. Ralf Christofori Oliver Boberg's Shadows Since the mid-1990s, Oliver Boberg has devoted himself to the reality of the photographic image – both behind and in front of the camera, as the reality that appears in his photographs also is his own creation and composition. In each case, the output is a perfectly modeled and photographed illusion. The viewer is entrusted with this illusion, and left with their never-wavering faith in photography as the self-evident reproduction of reality. Through the years, Oliver Boberg has consistently held on to this image-model constellation. The nüchtern-sachlichen Orte/Places of the 1990s were followed by the poetic pictures of the Himmel/Sky series in 2000; the oppressive Slums (2009/10) gave way to the lightboxes of the surreal Schächte/Shafts series (2014/15). The artist, however, is not concerned about how far he can carry the illusion in his pictures through technical means, but about the effect this has on the viewer. The effect, to be sure, goes far beyond debunking the photographic image as an illusion, as fake reality – because a multitude of realities are actually at work in Oliver Boberg’s pictures. This becomes particularly apparent in his latest series, Shadows, which he has been working on since 2015. There are no real-life models for the sites pictured here. Rather, they are derivatives of the associations we have of, say, a back alley, a rear courtyard or a private path. Sometimes it is the hint of a tree that casts the shadow, sometimes the roof of an adjacent building; in Shadows 8, the sunlight is reflected on a Seitengasse/Side Alley by opposing windows. In the course of the series, from Hinterhofwand/Backyard Wall (Shadows 1) to Privatweg/Private Path (Shadows 10), the interplay of light and shadow becomes ever more nuanced and complex. Compared with Oliver Boberg’s previous series, there is a pronounced painterly quality in these most recent works of his. The shadows are a crucial player to this effect. It almost seems as if each shadow was created specifically for the respective location. And in a way, it was. The ideas for the pictures originated in the artist’s head, the models in his studio; photographing took place outdoors, however. “Everything in these pictures is fake, but the sun,” says Oliver Boberg. The sun, like the respective provider of shade, lies outside of the pictorial space. This lends a new quality to Boberg’s work – behind and in front of the camera, but even more so in the picture itself. Because the shadow cannot be captured. It is immaterial and projected into the picture, as it were; at the same time it leads the viewer’s projection beyond the pictorial space. Thus, while in the preceding Shafts series Oliver Boberg seemed to carve out his sites from darkness to entrust them to the viewers’ imagination, his Shadows secretly point towards the sun. A beautiful image – and so much more than an illusion. Ralf Christofori (translated by Simone Schede) |